Streit um Stadionnamen bei Borussia Mönchengladbach
Hasta la Ista
22 Jahre lang war der Borussia-Park ein Stück Identität, ein Stück Heimat – und vor allem ein Stück Unabhängigkeit. In einer Bundesliga, in der fast jedes Stadion inzwischen unter einem Sponsorennamen läuft, war Gladbach eines der letzten großen Refugien der Tradition. Ein Stadion, das so hieß, wie der Klub heißt. Nicht nach einer Versicherung, nicht nach einer Bank, nicht nach einem Telekommunikationsgiganten.
Nun ist diese Ära vorbei. Borussia Mönchengladbach hat die Namensrechte verkauft. Die Arena trägt ab der kommenden Saison einen neuen, kommerziellen Titel – und rund um den Niederrhein kochen die Emotionen. Denn der Weg zu dieser Entscheidung war alles andere als glatt. Er war geprägt von Debatten, internen Spannungen und einer Grundsatzfrage:
Wem gehört eigentlich ein Stadion? Dem Verein – oder seinem Geldbeutel?
Die Gladbacher Identität: mehr als 90 Minuten
Wer Borussia Mönchengladbach kennt, weiß: Dieser Verein besitzt einen besonderen Sinn für Symbolik. Die Fohlenphilosophie, die 70er-Ära, das familiäre Umfeld – all das lebt davon, dass Borussia mehr ist als eine Marke. Gladbach steht für Bodenständigkeit und Authentizität.
Der Borussia-Park war Teil dieser Identität. Er stand für:
- Selbstbestimmung,
- eine klare Abgrenzung zum Kommerz,
- ein Stadion, das nicht käuflich schien.
Dass nun ein Sponsor den Namen übernimmt, trifft viele Fans mitten ins Herz.
Die Frage lautet dennoch:
War diese Entscheidung wirklich vermeidbar?
Finanzielle Realität statt romantischer Ideale
Gladbach steckt nicht in einer existenziellen Krise, aber in einer Phase, in der klare wirtschaftliche Entscheidungen nötig sind. Internationale Einnahmen fehlen, sportliche Erfolge blieben zuletzt häufiger aus, Transfererlöse waren unregelmäßig. Die Borussia muss investieren, um wieder konkurrenzfähig zu werden und die Infrastruktur weiterzuentwickeln.
Und dafür braucht es Geld.
Die Summe, die ein neuer Stadionnamen einbringt, ist – laut Quellen im Klub – deutlich über dem Bundesliga-Durchschnitt. Geld, das Borussia nicht einfach ignorieren kann.
Ein Vereinsfunktionär soll intern gesagt haben:
„Wir verkaufen nicht unsere Seele – wir kaufen uns Luft.“
Ein ernüchternder Satz, aber in der Realität des modernen Fußballs kaum zu widerlegen.
Der Widerstand aus den eigenen Reihen
Doch für viele Mitglieder, Fans und auch einige Funktionäre war der Verkauf ein Tabubruch. Über Wochen gab es intensive Debatten:
- Muss ein Traditionsverein jedes wirtschaftliche Potenzial heben?
- Wann kippt Kommerzialisierung zur Selbstverleugnung?
- Was bleibt vom Verein, wenn Symbole ihren Wert verlieren?
Aus der aktiven Fanszene hieß es:
„Der Borussia-Park war unser letztes Stück Heimat. Jetzt ist auch das weg.“
Auf der Mitgliederversammlung kamen teils kritische Stimmen auf, die von einer „Entfremdung zwischen Fans und Verein“ sprachen. Einige warfen dem Klub mangelnde Transparenz vor. Andere forderten eine Mitgliederbefragung, die jedoch aus strukturellen Gründen nicht umgesetzt wurde.
Warum sich Borussia trotzdem entscheidet
Die Borussia-Verantwortlichen argumentieren nüchtern:
- Der Klub braucht Planungssicherheit.
- Die Infrastruktur muss modernisiert werden.
- Der Nachwuchsbereich benötigt mehr Investitionen.
- Die sportliche Abteilung soll professionalisiert werden.
- Ohne zusätzliche Einnahmen ist der Weg nach oben versperrt.
Die Entscheidung ist hart, aber in den Augen der Führung notwendig.
„Diese Einnahmen sichern unsere Zukunft, nicht unsere Vergangenheit.“
So lautet es aus dem Präsidium.
Was die Fans wirklich fürchten
Es geht vielen nicht um den Namen selbst.
Es geht um das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.
Um die Angst, dass Tradition zum Marketinginstrument wird.
Um die Sorge, dass der Verein sich Stück für Stück in etwas verwandelt, das er nie sein wollte.
Der Borussia-Park war nicht nur ein Stadion.
Er war ein Symbol.
Die Lehre aus der Gladbacher Debatte
Was Borussia gerade erlebt, ist exemplarisch für den modernen Fußball:
- Tradition und Kommerz stehen im Dauerkonflikt.
- Sponsoren sichern Zukunft – aber gefährden Identität.
- Vereine müssen abwägen, welche Kompromisse nötig sind.
Gladbach hat entschieden:
Wirtschaftliche Stabilität ist in dieser Phase wichtiger als Symbolik.
Was jetzt passiert – sportlich und emotional
Sportlich sendet diese Entscheidung ein klares Signal:
Die Borussia will wieder investieren, wieder angreifen, wieder oben anklopfen.
Die Einnahmen aus dem Deal sollen in Bereiche fließen wie:
- Kaderqualität,
- Scouting,
- Nachwuchs,
- Digitalisierung,
- Infrastruktur.
Emotional hingegen wird es dauern, bis die Fans diese Entscheidung verdauen.
Denn der Name Borussia-Park war Teil einer Identität, die viele als unantastbar sahen.
Ein neuer Name – dieselbe Borussia?
Viele fragen:
„Verliert Gladbach damit seine Seele?“
Die ehrliche Antwort:
Nein.
Aber der Verein verliert ein Stück seiner Romantik.
Identität entsteht nicht an Schriftzügen oder Logos.
Sie entsteht im Stadion, in der Stadt, in der Kurve, in den Geschichten und Emotionen, die der Verein schreibt.
Fazit: Hasta la Ista – aber Borussia bleibt Borussia
Der Streit um den Stadionnamen ist ein emotionaler Einschnitt.
Aber er ist kein Bruch.
Gladbach verändert sich – wie die Bundesliga sich verändert hat.
Manches wird wehtun.
Manches wird notwendig sein.
Und manches wird bleiben.
Vielleicht sagt man rückblickend eines Tages:
„Wir haben damals etwas verloren – aber viel gewonnen.“
Bis dahin heißt es:
Hasta la Ista – aber Borussia bleibt Borussia.

